Corona: Ein Virus tötet die Demokratie

Die Bevölkerung muss nun können, was die Regierung nicht vermag.

 

Gestohlenes Recht schmerzt auch dann, wenn es nur für eine kurze, angekündigte Zeit genommen wird. Doch was ist eine kurze Zeit? Keine Diktatur dauert ewig, jede Monarchie geht irgendwann zu Ende, so auch diese Demokratie. Ein anderes System wird folgen. Das kann etwas sein, das wir uns heute noch nicht vorstellen können. Wahrscheinlicher ist, dass wir es noch immer Demokratie nennen, doch nicht nur wesentliche Rechte abgegeben haben werden, sondern uns in ein Handeln flüchten, das uns verdrängen lässt, was wir verloren haben.

Derzeit werden wir daran gewöhnt, dass Regierungen weltweit im Namen der Sicherheit massive Einschränkungen in den Alltag umsetzen. Selbst in Demokratien scheint politisch möglich, was man nicht demokratisch nennen kann.

Es lebe die Gewaltentrennung

Zum zweiten Mal in diesem Jahr werden die Persönlichkeitsrechte in Österreich massiv eingeschränkt. Dennoch ist Österreich keine Diktatur. Es gibt nach wie vor die Gewaltentrennung, und schon ehe der zweite Lockdown in Kraft tritt, arbeiten JuristInnen intensiv daran, die Verordnung zu prüfen und dort aufzuheben, wo sie der Verfassung widerspricht oder nicht ausreichend begründet ist. Die Bevölkerung wiederum wird bei den kommenden Wahlen Gelegenheit haben, sich bei den Regierungsparteien zu bedanken oder diese abzustrafen.

Das Kritische an der aktuellen Situation, in der die österreichische Regierung kommunikationstechnisch ebenso vor sich hin dilettiert, wie die britische, die italienische oder andere, ist, wie sich die Demokratie in der Bevölkerung weiterentwickelt. Vergessen wir, was es heißt, in einer Demokratie zu leben?

Es braucht Kraft und Würde

Wir können entscheiden, mit welcher Kraft und mit welcher Würde wir durch diese Zeit gehen. Man kann sich gegen die Maßnahmen wenden und diese nicht einhalten. Dass dies die Infektionszahlen nach unten bringt, bleibt zweifelhaft. Daher dürfte die Entscheidung, mitzumachen und die Zeit so zu nützen, dass man für das Danach vorbereitet ist, logischer sein. Durch den ersten Lockdown kamen jene Betriebe und Individuen am besten, die Kreativität und Flexibilität zeigten. Das ist bei einem zweiten Lockdown noch weitaus kraftraubender. Doch ebenso wie man über SARS-CoV-2 heute mehr weiß als im März, gibt es Erfahrungswerte für die kleinen Nischen, die sich wirtschaftlich, geschäftlich und privat bieten, um zu überleben.

In einer Krisensituation zeigt sich besonders intensiv, dass Kooperation am besten funktioniert. Man darf jetzt grantig, enttäuscht und angewidert sein. Verzweiflung und Sorge darf und soll man aussprechen, doch jener Spalt, der sich in den letzten Monaten entwickelt hat, in dem man einander vorwirft, Verschwörungstheoretiker oder willenlose Lämmer zu sein, wird nicht weiterhelfen.

Auch Regierende müssen Solidarität üben

Schon im ersten Lockdown übernahm die Bevölkerung teilweise Aufgaben, die eigentlich die Gemeinden oder der Staat übernehmen hätten sollen. Man half einander spontan und zeigte Solidarität. Nun dürfte es nochmals notwendig werden, einander zu unterstützen. UnternehmerInnen können ihren Angestellten beistehen und umgekehrt. Mit ein wenig Einfallsreichtum kann man auch Möglichkeiten finden, dass weder Gastronomen noch Einpersonenbetriebe, weder Marktstandler noch Kulturschaffende im Stich gelassen werden, und umgekehrt niemand ein Monat lang alleine in seiner Wohnung sitzen muss.

Und dann? Nicht nur der wirtschaftliche Wiederaufbau dürfte anstrengend werden, sondern auch die Rückeroberung der Freiheiten, die jetzt im Namen der Pandemie genommen werden. Daher muss auch von Seiten der Bevölkerung klargemacht werden, dass ein demokratisches System nicht mehr viel davon aushält und dass dies die letzten verordneten Einschränkungen sein müssen. Solidarität untereinander wird nicht reichen, wenn die Regierung(en – nicht nur in Österreich) nicht begreifen, dass auch sie solidarisch sein müssen. Das verlangt, offen zu kommunizieren, die Medien nicht unter Druck zu setzen und dafür zu sorgen, dass im Laufe der nächsten Monate alle Freiheiten und Rechte wieder installiert werden.

 

Zunächst erschienen auf: Dolomitenstadt