Geiz ist nicht geil und Neid kommt meist teuer

Kooperation ist gerade jetzt ein wesentlicher Erfolgsfaktor in Politik und Wirtschaft.

 

Geiz ist geil“ galt als unsympathischer aber erfolgreicher Werbespruch. Er prägte sich in die Köpfe ein, auch jenseits der Firma, die ihn zum Motto erhob. Geiz und Neid gehören zusammen. Das nahm man für die Kampagne in Kauf. Vielleicht gehört manch junger Politiker von heute zu den von der damaligen Werbekampagne geprägten Personen, die nicht lernen durften, dass Kooperation ein wesentliches Merkmal der internationalen Politik, vor allem aber auch des innerstaatlichen Zusammenlebens darstellt.

Die Liste, in der man sieht, dass Geiz vor längerfristigem Denken regiert, ist inzwischen lang. Wenn man drei Aspekte herausgreift, dann mögen diese zunächst nichts miteinander zu tun haben, offenbaren aber dasselbe politische Weltbild. Und da darf man ruhig genauer hinschauen.

Geiz heißt nun Sparsamkeit

Da wäre zunächst die internationale Ebene. Wurde vor Kurzem noch von globaler Arbeitsteilung geschwärmt, hat man inzwischen erkannt, dass man besser nicht alles auslagert, sondern auch regional produzieren muss. Dies ist der positive Aspekt. Dass es in Nationalismus ausartet und in eine zunehmende Abschottung vor den Schwierigkeiten anderer Staaten, klingt gefährlich.

Die südlichen EU-Mitgliedstaaten sind bei der Hilfe für Geflüchtete viele Jahre im Stich gelassen worden. Jetzt haben sich vier geizige Staatsmänner – man nennt sie bereits zynisch „die sparsamen Vier“ – abgesprochen, um Ländern wie Italien einmal mehr nicht jene Unterstützung zukommen zu lassen, die sie bräuchten. Es ist verständlich, dass andere Staaten nicht für die budgetären und politischen Fehler der zahlreichen italienischen Regierungen aufkommen möchten, doch wenn man gleichwertige Partner haben will, muss man auch dafür sorgen, dass sie die Möglichkeit haben, gleichwertig zu sein. Alles andere verlängert die Misere und schadet allen Seiten.

An der falschen Stelle sparen

Auch innerösterreichisch wird der organisierte Geiz zum Problem. Immer mehr Unternehmen klagen, dass sie entweder an den komplizierten Ansuchen scheitern, kaum Geld erhalten oder die anvisierten Überbrückungskredite nicht bekommen, weil sich die Hausbank verweigert. Ein Staat kann nicht jedes Unternehmen oder jeden Gastronomiebetrieb retten. Das steht außer Frage. Es wird aber notwendig sein, die Hilfe besser zu organisieren und dabei dezidiert die Banken in die Verantwortung zu nehmen, denn da diese selbst immer wieder Geld vom Staat erhalten, ist es seltsam, wenn sie entscheiden, welches Unternehmen eine Chance verdient und welches nicht, zumal der Staat ja notfalls eingreifen würde.

Klatschen ist nicht genug

Der eng mit dem Geiz verwandte Neid gilt nicht umsonst in zahlreichen Religionen, vom Buddhismus bis hin zum Christentum, als verpönt. Er hat historisch viel angerichtet. Man verfällt ihm anscheinend nur allzu leicht. Solches Handeln ist immer an das Selbst gerichtet, was wiederum die sogenannten Anderen zum Feind oder unsichtbar macht.

Dann übersieht man leicht, dass in der Krise die bestbezahlten Personen nicht unbedingt die hilfreichsten sind. Die Gesellschaft wurde immer schon von jenen zusammengehalten, die weniger auffällig sind, weil sie soziale und Basistätigkeiten verrichten. Die aktuelle Hochstilisierung zu Helden nützt weder ihnen, noch jenen, die sie versorgen. Aber zu klatschen kostet nichts, womit wir wieder beim Geiz wären.

Geiz verursacht Kosten

Die krisenbedingte Wendung nach innen ist individuell verständlich und gesellschaftlich delikat. Sie führt zum Ausschluss jener Gruppen, die ohnehin weniger sichtbar sind. So führte die Angst, ältere und pflegebedürftige Menschen zu gefährden, dazu, dass man sie bald aus den Augen verlor. Wenn man heute Familienangehörige in Heimen oder Kliniken besuchen möchte, ist das nach wie vor nur unter großen Schwierigkeiten möglich. Medizinisch mag das auf den ersten Blick durchaus Sinn ergeben, auf den zweiten Blick schon nicht mehr.

Manche Kliniken lassen nur 20- bis 30-minütige Besuche alle paar Tage zu, in manchen Einrichtungen nur jede zweite Woche. Das genügt nicht für ein Gespräch. Und es reicht auch nicht, um den Menschen eine Motivation zum Überleben sowie die Kraft zur Selbstheilung zu geben. Auch hier wird an der falschen Stelle gespart. Die Betreuung der Besuche unter Einhaltung aller Maßnahmen ist arbeitsintensiv, doch wenn weiterhin der Geiz unter dem Vorwand des Schutzes regiert, wird es für den Staat und die Versicherungen weitaus teurer kommen. Bekanntlich führen Angst, Sorge und Trauer direkt in Krankheitsbilder. Doch wer weggesperrt ist, den vergisst man leicht und Pflegebedürftige besitzen nicht die Lobby riesiger Konzerne.

Ein Staat ist kein auf Maximalgewinn ausgerichtetes Unternehmen. Doch man kann von alten Familienunternehmen lernen, die wissen, dass Kooperation mit den Angestellten, den vermeintlich konkurrierenden KollegInnen und den KundInnen konzeptionell besser funktioniert als Geiz und Neid.

Zuerst erschienen in : Dolomitenstadt